Sollen wir einen zölibatbrechenden Bischof akzeptieren?

1) In den frühen Ausgaben unserer Zeitschrift (“Beiträge”/5-8, 10) hatten wir uns ja mit der Frage nach der kirchlichen Autorität beschäftigt, was sie aus überlieferter katholischer Sicht sei und wo ihre Grenzen verliefen. Dann stellten wir die Frage, wie dieser gesamte Sachverhalt auf die heutige kirchliche Situation anzuwenden sei - angesichts der neuzeitlichen modernistischen “Reformation” der “Konzilskirche” und des Versagens derer Hierarchie. Folgerichtig kamen wir dann zum Ergebnis, dass zur Zeit in der katholischen Kirche leider der an sich traurige Zustand der Sedisvakanz herrscht - der Apostolische Stuhl (sedes) des hl. Apostels Petrus ist nicht rechtmäßig besetzt und somit frei (vakant)!
Unter den Bedingungen für den kirchlichen Widerstand, als Legitimierung des rechtmäßig-kanonischen Einsatzes eines Priesters in der Fortsetzung der Mission der katholischen Kirche, führten wir dann u.a. zunächst an: “Will jemand im konkreten Einzelfall die Sakramentenspendung rechtfertigen, müssen unbedingt einige Bedingungen erfüllt sein: der betreffende Priester muss eindeutig katholisch sein, d.h. er muss in allem die Lehre der katholischen Kirche teilen, grundsätzlich alle kirchlichen Ämter (Papsttum, Episkopat usw.) anerkennen und darf in keiner Weise irgendeiner nicht-katholischen Gemeinschaft angehören.” (“Wo ist Autorität heute?” in “Beiträge”/10, S. 15)
Was für einen Priester gilt, gilt umso mehr für einen Bischof! Da wir trotz allem grundsätzlich immer noch hierarchische Strukturen in der Kirche haben (und ein Bischof Weihen und Firmungen spendet!), muss auch darauf geachtet werden, welchen Bischof man überhaupt als einen eindeutig katholischen Bischof anerkennen kann, mit wem die Gläubigen und auch die Priester bei ihrer Mission der Bewahrung des überlieferten katholischen Glaubensgutes zusammenarbeiten dürfen. Daher darf nicht jeder, der vorgibt, glaubenstreuer und gültiggeweihter katholischer Bischof zu sein, dann auch automatisch als ein solcher anerkannt werden!
Eines der Probleme unserer katholischen Sedisvakanz-Bewegung besteht ja leider auch darin - sprechen wir es ehrlich und freimütig an, dass da so manche “Bischöfe” auftauchen, welche zwar sogar im Besitz einer gültigen Bischofsweihe sind, aber entweder ernsthaften Menschen negativ aufgefallen sind und somit nicht ohne hinreichenden Grund einen schlechten Ruf haben, oder in sakramentaler Gemeinschaft mit Personen und Gruppen stehen, die nicht nur zweifelhaft katholisch sind, sondern vielleicht sogar eindeutig schismatisch oder häretisch.
Wir stimmen wohl alle darin überein, dass wir deswegen den “Neuerungen” des Vatikanums II. und der darauffolgenden “Reform”-Zeit widerstanden haben und dies auch weiterhin tun wollen, weil wir um der geoffenbarten Wahrheit Jesu Christi und unseres ewigen Heiles willen eben katholisch bleiben und somit auch keine Zugeständnisse an irgendeine Irrlehre oder irgendein Schisma machen wollen. Es ist doch wohl unser aller gemeinsamer Konsens, dass wir nicht von der überlieferten Glaubenslehre Christi abrücken wollen und ebenfalls gewillt sind, der von Ihm gestifteten Kirche, der katholischen Kirche, unbedingt die Treue zu halten!
Daher müssen wir auch extrem vorsichtig sein mit Personen, die vorgeben, katholische Bischöfe zu sein bzw. Priester für die katholische Kirche weihen zu wollen. Denn würden wir eine solche Umsicht nicht besitzen (wollen), würden wir gegen elementare Prinzipien der katholischen Kirche verstoßen und somit gegen sie handeln!
2) Kürzlich ist in den USA durch eine Priesterweihespendung ein Bischof (B) in Erscheinung getreten, der zuvor in unseren Kreisen praktisch nicht bekannt war. Das Problematische an dieser Person ist, dass sie von einem anderen Bischof (A) zum Bischof geweiht wurde, der selbst auch schon verheiratete (!) Männer zu Priestern geweiht hatte. In einer nicht unbekannten Internetveröffentlichung wurde dann auch Bischof B lobend vorgestellt und die Hintergründe seiner Bischofsweihe praktisch als völlig unkritisch skizziert.
Als sich dann jener Priester (C), der sich kürzlich von jenem Bischof B weihen ließ, an mich in einem bestimmten kirchlichen Anliegen wandte, kam es zwischen uns auch zu einem Telefongespräch, bei welchem die Problematik dieser Weihe bzw. Weihelinie zur Sprache kam. Priester C erklärte zwar, dass er und sein Vorgesetzter (Priester D) sich nicht dafür aussprechen würden, dass verheiratete Männer zu Priestern geweiht werden sollten. Aber er meinte, man solle trotzdem Bischof A als einen rechtmäßigen katholischen Bischof des antimodernistischen Widerstandes akzeptieren! Selbstverständlich meint er dann wohl auch, seinem Weihevater, Bischof B, solle diese Anerkennung ebenfalls zukommen.
Die Zölibatsverpflichtung der römisch-katholischen Priester hat sich im Laufe der Jahrhunderte sehr bewährt und ist zu einem markanten Identitätsmerkmal eines römisch-katholischen Priesters geworden. So bringt praktisch jeder Mensch, dem man als Priester zufällig begegnet, das römisch-katholische Priestertum sofort mit dem Zölibat in Verbindung! Zwar ist der Zölibat kirchlichen Ursprungs und könnte somit theoretisch von einem Papst auch wieder abgeschafft werden. Nur würde das dann einen solchen folgenschweren Bruch mit der eigenen Tradition darstellen und somit ein solcher kapitaler Fehler sein, den wohl kein seriöser Papst wagen würde!
Zumal sowohl Jesus als auch Paulus die Ehelosigkeit um des Himmelreiches willen sehr hoch eingestuft und wärmstens empfohlen haben: “Nicht alle fassen dies, sondern nur jene, denen es gegeben ist. ... Es gibt Ehelose, die um des Himmelreiches willen der Ehe entsagen. Wer es fassen kann, der fasse es.” (Mt 19,10-12); “Um auf das zu kommen, wovon ihr geschrieben habt, so ist es für den Mann gut, wenn er keiner Frau sich naht. ... Den Unverheirateten und den Witwen sage ich: Sie tun gut, wenn sie bleiben wie ich.” (1 Kor 7,1.8) Darf man nun der Kirche wirklich zum Vorwurf machen, dass sie in der Ehelosigkeit ihrer Priester ein hohes Ideal der Ganzhingabe an den Heiland und Erlöser vertritt? Auf diese Weise sollen ja ihre Diener des Heiligtums nur Jesus Christus, ihrem göttlichen Hohepriester, nachahmen, der selbst ja bezeichnenderweise ebenfalls ehelos blieb und enthaltsam lebte!
3) Aber leider gab und gibt es Menschen, die dies eben nicht “fassen” wollen. Hierbei geht es nicht um jene Menschen bzw. zahlreiche fromme Christen, die die Berufung zum geheiligten Ehestand erfahren und somit als Ehegatten und Eltern gottwohlgefällig leben und Gott treu dienen. Sondern um jene, die die von Christus eindeutig empfohlene und von der römisch-katholischen Kirche dann geforderte Jungfräulichkeit ihrer Priester ablehnen und dann bisweilen sogar auch noch in den Dreck ziehen!
So sehen wir, dass die Abschaffung des Zölibats zu einer der ersten Maßnahmen des Protestantismus gehörte, mit welcher sie gegen den Katholizismus als solchen rebelliert haben! Man nehme da wen immer man wolle, ob Luther, Zwingli, Kalvin, die Wiedertäufer usw. - sie alle haben sich bezeichnenderweise auch insofern gegen den katholischen Glauben und die Kirche aufgelehnt, dass sie den Zölibat sowohl selbst verhöhnten als auch dem Spott ihren Anhänger überließen. Wohl nicht zufällig heiratete dann auch ziemlich bald eine sehr hohe Zahl jener neu gewordenen Protestanten, welche vorher katholische Priester und Mönche waren!
Dasselbe trifft dann im 16. Jahrhundert auch für die Anglikaner zu. Und kaum kam es dann im 19. Jahrhundert zur Abspaltung der so genannten Altkatholiken, haben diese ebenfalls nichts Eiligeres zu tun gehabt, als ebenfalls den verheirateten Religionsdiener einzuführen!
Die “Konzilskirche” des Vatikanums II. hat den Zölibat formell noch nicht abgeschafft. Im Vatikan verteidigt man diese Einrichtung noch, Benedikt XVI. hat sich für ihre Beibehaltung ausgesprochen. Dennoch werden in den Diözesen wissentlich zahlreiche Fälle von Pfarrern und Kaplänen toleriert, welche mit Konkubinen zusammen leben, Kinder haben und sich eben immer noch sozusagen “in Amt und Würden” befinden! Bereits vor mehreren Jahren erschien im deutschen Fernsehen einmal ein mit Interviews mit dem betroffenen Personenkreis bestückter Bericht, in welchem von verhältnismäßig sehr vielen Fällen die Rede war, in welchen die deutschen Diözesen solchen “Priestern” für bis zu drei Kindern sogar Alimente aus der Kirchensteuer zahlen. Und niemand verlangt von ihnen den Abbruch ihres sündhaften Verhältnisses mit der Mutter solcher gemeinsamer Kinder und Reue (um überhaupt im Amt bleiben zu können)! Und wie ich damals aus einer anderen Quelle aus dem Bankwesen erfuhr, werden solche Überweisungen allein in einer bestimmten großen süddeutschen Diözese jeden Monat stapelweise durchgeführt!
Hinzu kommt, dass solche Gruppen innerhalb der “Konzilskirche”, welchen die bisherigen modernistischen “Reformen” bei weitem noch nicht genug sind, ziemlich lautstark viele weitere Anpassungen an den Zeitgeist verlangen. Und neben der Forderung nach dem Priestertum der Frau gehört vor allem auch die baldige offizielle Abschaffung des Zölibats zu dem von ihnen medienwirksam inszenierten Ruf nach weiteren Schritten der “Erneuerung”. Der Meinung solcher Gruppen nach (z.B. “Wir sind Kirche” o.ä.) gebe es angeblich sogar einen richtigen “Reformstau” innerhalb ihrer “Kirche”.
4) Somit wird ersichtlich, dass die Einführung eines verheirateten Priesters bzw. Religionsdieners (bzw. die Forderung danach) auf dem konkreten historischen Hintergrund inzwischen zu einem richtigen Symbol bzw. Synonym des Abfalls von der katholischen Lehre und Kirche geworden ist! Das Argument, dass ja auch die mit Rom unierten Ostkirchen den verheirateten Priester kennen würden, zieht hier überhaupt nicht, weil diese unierten Teilkirchen erstens schon immer den verheirateten Pfarrklerus kannten und dieser dort zweitens eben niemals etwa zum Zweck der Abgrenzung von der Lehre und der Ablehnung der Disziplin der Römischen Kirche eingeführt worden ist! Dagegen bringen sowohl die Protestanten als auch die Modernisten (die ja historisch gesehen praktisch ausschließlich vom Römischen Katholizismus abfielen!) mit der Abschaffung des Pflichtzölibats bzw. mit der eifrigen Forderung danach (bzw. mit der stillschweigenden Duldung, ja Gutheißung eines unzüchtigen Lebensstils nicht weniger ihrer Religionsdiener) auch ihre Revolte gegen die römisch-katholische Kirche zum Ausdruck!
Und nun sollen wir, die wir uns ja für die Reinhaltung der überlieferten katholischen Glaubenslehre und kirchlichen Disziplin einsetzen, jenen Bischof A als einen der glaubenstreuen katholischen Bischöfe anerkennen, obwohl dieser - als wäre sonst nichts gewesen - solche Praktiken der von der Kirche abgefallenen Protestanten und wildesten Modernisten pflegt, welche auf dem konkreten historischen Hintergrund als un-, ja antikatholisch eingestuft werden müssen?!? Würden wir das tun, würden wir uns - wegen der historisch gewonnenen Bedeutung und Symbolkraft des Zölibats - praktisch ebenfalls mit den Protestanten und wildesten Modernisten solidarisieren und darüber hinaus auch eine jegliche Glaubwürdigkeit verlieren bzw. die ganze traditionalistische Bewegung ad absurdum führen! Das wäre auch eine Art von Modernismus! Zumal jener Bischof A bisher keine entsprechende Reue wegen der Spendung der Priesterweihe an verheiratete Männer zeigte!
Dann könnten wir ja auch gleich die Volkssprache in der hl. Messe einführen oder einen Tisch hinstellen und zum Volk hin zelebrieren! Theoretisch würden wir ja dadurch auch gegen kein Dogma direkt verstoßen, sondern “nur” einige modernistische Elemente übernehmen. Hier sieht man es: Wenn man anfängt, auf eine solche Weise vorzugehen, landet man irgendwann richtig in der Teufelsküche!
5) Vor etlichen Jahren erfuhr ich auf Nachfrage von einigen mexikanischen traditionalistischen Priestern, dass deren früherer Bischof Moses Carmona, der sich viele Verdienste um die Kirche und Tradition erworben hatte, mal einen Mann zum Priester weihte, welcher verheiratet war. In Entsprechung zu kirchlichen Bestimmungen legte dieser vorher feierlich das Versprechen ab, seine Ehe nicht fortzusetzen bzw. keine ehelichen Handlungen mehr zu praktizieren. Bei Erfüllung dieser Bedingung erlaubt das überlieferte katholische Kirchenrecht nämlich die Spendung der Priesterweihe an einen solchen Kandidaten, wenn dann natürlich auch noch die noch lebende Ehefrau sich mit diesem konsequenten Verzicht aufs eheliche Leben einverstanden erklärt.
Der betreffende Kandidat legte dieses Versprechen ab und wurde geweiht - so weit so gut. Nur gewann Bischof Carmona nach einer Weile den Eindruck, dass jener von ihm geweihter Priester sich leider nicht mehr an sein feierliches Versprechen halte, und ließ den Fall untersuchen. Das Ergebnis der Untersuchung bestätigte ihm leider den zuvor entstandenen Verdacht ...und Bischof Carmona brach konsequent eine jegliche Verbindung zu bzw. Zusammenarbeit mit jenem Priester ab! (Wie bezeichnend, dass jener Priester dann “Karriere” machte und schlussendlich im Sektenwesen landete!)
Und auch Bischof McKenna, welcher jenen Bischof A ursprünglich zum Bischof geweiht hatte, brachte in seinem “Offenen Brief an die glaubenstreuen Katholiken” vom Oktober 2010 sein tiefstes Bedauern darüber zum Ausdruck, dass er die “ungeheuren Fehler gemacht” hatte, u.a. auch jenen Bischof A überhaupt geweiht zu haben! Darin entschuldigte sich Bischof McKenna öffentlich auch für den “Schaden und den Skandal”, welche er dadurch verursacht hatte, und erklärte ab sofort ein Weihemoratorium. (Vgl. www.rosarychapel.net)
Und nun beschließen jene Priester C und D, dass das alles praktisch einfach so nicht relevant sei und bauen offenkundig auf eine Zusammenarbeit mit den Bischöfen A und B. Beide Priester zusammen bringen noch nicht einmal fünf Jahre an priesterlicher Erfahrung auf die Waage, aber sie fühlen sich dennoch berechtigt, eigenmächtig kirchliche Prinzipien einfach so außer Kraft zu setzen und eigene Wege zu gehen bzw. auch das entsprechende Beispiel wesentlich älterer und erfahrener Priester und Bischöfe komplett zu ignorieren! Das mag zwar eine interessante Einstellung sein, aber sie ist auf keinen Fall eine katholische... Daraus kann nur eine neue Sekte entstehen.
Dabei haben sie sich hartnäckig geweigert - obwohl sie wiederholt darauf hingewiesen worden sind -, das Gespräch zu diesem wichtigen Thema mit Bischof Pivarunas überhaupt zu suchen, von welchem sie behaupteten, er sei ihr Bischof gewesen. Welch’ ein Wunder, dass nun auch Bischof Pivarunas logischerweise eine Zusammenarbeit mit diesen Priestern beendet hat.
Es wird von diesen Priestern zur eigenen Verteidigung ins Spiel gebracht, Erzbischof Thuc habe ja auch Weihen an manche fragwürdige Personen gespendet, so z.B. 1975 an die Leute von Palmar de Troya. Nun, zweifelsohne hat Mgr. Thuc hier leider manche Fehler gemacht. Nur hat er niemals Fehler einer solchen Dimension getan, dass er verheiratete Männer zu Priestern geweiht hätte! Er hat es zwar manchmal an notwendiger Menschenkenntnis fehlen lassen bzw. hat sich gelegentlich viel zu wohlmeinend hinters Licht führen lassen. Das sind menschliche Defizite.
Aber das entscheidende Problem jenes Bischofs A besteht - im klaren und entscheidenden Unterschied zu Mgr. Thuc! - darin, dass er bewusst in einer so bedeutenden und symbolträchtigen Frage wie der des Zölibats praktisch den Protestanten und wildesten Modernisten das Wort redet bzw. deren Handlanger geworden ist! Wirklich schöne Aussichten: Die wildesten Modernisten fordern die Abschaffung des Pflichtzölibates, aber so manche “Traditionalisten” führen dies als erste durch!
Außerdem war sich Mgr. Thuc nicht schade dafür bzw. er war ebenfalls demütig genug, sich gegebenenfalls auch öffentlich zu entschuldigen für die getanen Fehler! So brach er z.B. sofort alle seine Beziehungen mit Palmar de Troya ab, als er erfuhr, dass die betreffenden Leute dort eine eigene Kirche ausgerufen (und manche andere seltsame Praktiken eingeführt) haben, und erklärte, dass ihm deren wahre Absichten vorher leider nicht bekannt waren. Auf diese Weise hat er gezeigt, dass er zwar einen großen Fehler gemacht hatte, aber dass sein Herz trotzdem eindeutig für die katholische Kirche und ihren Glauben schlug! Und diesen Weg sollten nun wohl auch jene zwei Priester beschreiten...

P. Eugen Rissling

 

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